Zu der Frage, wie es wohl zum Bau an dieser Stelle kam, gibt es eine, von dem Fund eines Bronzetäfelchens mit einer Weihe Inschrift an die Göttin SUNUXSAL, ausgehende Deutung. Jene war nämlich die Stammesgöttin der SUNUCI. Diese wiederum siedelten ( wahrscheinlich nach der Vernichtung der Eburonen durch Julius Cäsar ) im Gebiet westlich der Ubier zwischen Tolbiacum-Zülpich und Aquis Granea-Aachen . Aus den Fundorten von Heiligtümern mit Weihe-Inschriften an die Göttin läßt sich der Siedlungsraum in etwa geographisch umreißen. Nur fehlen leider weitere Siedlungsspuren. – War hier vielleicht das zentrale Heiligtum der SUNUCI? – Und ist dieses an der Stelle eines bereits vorhandenen älteren keltischen Heiligtums errichtet worden, so daß es zu einer gallo-römischen Doppel Tempelanlage kam? – Denn den Namen hat diese Anlage von einer anderen Gottheit: VARNENO. Dem GENIO VARNENONI ist die Inschrift auf einer weiteren gefundenen Bronzetafel gewidmet. Er war offensichtlich der Schutzgott der älteren keltischen Ansiedlung. Bisher gilt dieser Gott als einsames Unikat in der gesamten GERMANIA INFERIOR. Die Römer haben seinen ursprünglichen keltischen Namen – wie auch den gesamten Kult – romanisiert. So entwickelten sich überall aus den alten keltischen Heiligtümern jane gallo-römischen Umgangstempel, von denen es im gesamten Bereich Niedergermanien annähernd dreißig Exemplare gegeben hat. Und die an dieser Stelle gefundene Anlage scheint eine keineswegs unbedeutende gewesen zu sein. – Was hat man nicht alles im Erdreich entdeckt: außer den bereits erwähnten Täfelchen und ihren Weihe-Inschriften pompejanisch rot gefärbte Putz-,Estrich- und Mörtelreste; ornamental und figürlich gestaltete Teile von Wandfresken; aus Kalkstein bearbeitete Bauteile , darunter ein Säulenkapitell, das in der Endphase des zweiten Weltkriegs aus dem Heimatmuseum in Kornelimünster leider verschwunden ist – und manches andere mehr: Fibeln, Nadeln, Münzen, Kleinkeramik, Glas usw.Das wohl interessanteste Fundstück ist allerdings jenes Bronzetäfelchen, welches sich heute im Aachener Stadtmuseum Frankenburg befindet: eine etwa 14 cm breite und 7 cm hohe TABELLA VOTIVA. Die Griffe an beiden Seiten zeigen an, daß es an einer größeren Votivgabe befestigt war. Es teilt uns in wohlgesetzter lateinischer Form, in der einzelne Lettern nicht mehr erkennbar sind, mit:
------- DEO VARNENONI -------------DEM GOTT VARNENO
------- FUCISSIUS SECUND ----------HAT MARCUS FUCISSIUS SECUNDUS
------- DUS SEXVIRALIS AUG -------MITGLIED DES FÜR DEN KAISERKULT ZUSTÄNDIGEN SECHSMÄNNERRATES
------- USTORUM C C A A -----------DER COLONIA CLAUDIA ARA AGRIPPINENSIUM
------- VOTUM SOLVIT --------------SEIN GELÜBDE ERFÜLLT

Nun handelt es sich ( nach Paulys Real-Enzyklopädie …) bei den SEVERI AUGUSTALES um Inhaber von munizipalen Ämtern in einer römischen Stadt. Sie waren für die Ausrichtung der Spiele im Rahmen des Kaiserkults zuständig. In der Rangfolge erscheinen sie hinter den Quästoren und gehörten überwiegend dem Stand der Freigelassenen an.